Was treibt Deutschland in Afrika, Frauke Banse?

Shownotes

In Afrika verschärft sich die imperiale Konkurrenz um Einfluss und Ressourcen. China und Russland fordern die ehemaligen Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien sowie der USA immer offener heraus. Ausgerechnet in dieser Situation entdeckt die deutsche Politik ihr Interesse für einen Kontinent, der in der medialen Berichterstattung kaum eine Rolle spielt. Bundeswehreinsätze wie in Mali oder Projekte zur Förderung von grünem Wasserstoff in Namibia zeigen: Auch Deutschland bemüht sich um mehr Einfluss – politisch, wirtschaftlich und militärisch.

In der 6. Folge von «Weltunordnung» spricht Felix Jaitner mit Frauke Banse, Dozentin am Fachbereich Politikwissenschaft der Universität Kassel, über die deutsche Afrikapolitik. Welche Interessen verfolgt Deutschland in Afrika? Wie verschärft die imperiale Konkurrenz der Großmächte Konflikte auf dem Kontinent? Und inwieweit können afrikanische Länder von der erneuten geopolitischen Konkurrenz profitieren und eigene Entwicklungsprojekte vorantreiben?

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Shownotes:

Frauke Banse (2024): Deutsche Afrikapolitik in geopolitischer Neujustierung, Bundeszentrale für Politische Bildung.

Frauke Banse (2025): Die Geopolitik der neuen post-kolonialen Schuldenkrise, WSI-Mitteilungen, Ausgabe 03/2025, S. 195-202.

Denis M. Tull (2022): Ad-hoc-Koalitionen in Europa. Der Sahel als Katalysator europäischer Sicherheitspolitik?, SWP-Studie 2022/S 08, doi:10.18449/2022S08.

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Felix Jaitner: Die entstehende multipolare Ordnung zeigt sich in kaum einer Weltregion so deutlich wie in Afrika.

Felix Jaitner: In nur 20 Jahren ist China zum wichtigsten Wirtschaftspartner des Kontinents aufgestiegen.

Felix Jaitner: In sicherheitspolitischen Fragen kooperiert eine wachsende Zahl afrikanischer

Felix Jaitner: Staaten inzwischen mit Russland.

Felix Jaitner: Die Vorherrschaft des Westens und vor allem der ehemaligen Kolonialmächte,

Felix Jaitner: Frankreich und Großbritannien, scheint sich dem Ende zu nähern.

Felix Jaitner: Hallo, mein Name ist Felix Jeitner und in der heutigen Folge unseres Podcasts

Felix Jaitner: Weltunordnung sprechen wir über die deutsche Afrikapolitik.

Felix Jaitner: Es scheint paradox, in Afrika verschärft sich die imperiale Konkurrenz und ausgerechnet

Felix Jaitner: in dieser Situation entdeckt die deutsche Politik ihr Interesse für einen Kontinent,

Felix Jaitner: der in der medialen Berichterstattung kaum eine Rolle spielt.

Felix Jaitner: Bundeswehreinsätze wie in Mali oder Projekte zur Förderung von grünem Wasserstoff

Felix Jaitner: in Namibia zeigen, auch Deutschland bemüht sich um mehr Einfluss.

Felix Jaitner: Politisch, wirtschaftlich und militärisch.

Felix Jaitner: Doch inwieweit können afrikanische Länder von der geopolitischen Konkurrenz

Felix Jaitner: profitieren und eigene Entwicklungsprojekte vorantreiben?

Felix Jaitner: Wie entwickelt sich die deutsche Afrikapolitik in den kommenden Jahren?

Felix Jaitner: Und wie verschärft die imperiale Konkurrenz der Großmächte Konflikte auf dem Kontinent?

Felix Jaitner: Über diese Fragen spreche ich mit Frauke Banse. Frauke ist Dozentin am Fachbereich

Felix Jaitner: Politikwissenschaft der Universität Kassel.

Felix Jaitner: In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich besonders mit der politischen Ökonomie

Felix Jaitner: der Entwicklungszusammenarbeit und der deutschen Afrika-Politik.

Felix Jaitner: In den Shownotes findet ihr auch eine Auswahl von ihren Texten zur deutschen

Felix Jaitner: Afrika-Strategie und der neuen Schuldenkrise in Afrika, in der Deutschland eine

Felix Jaitner: unrühmliche, aber sehr aktive Rolle spielt.

Felix Jaitner: Außerdem gibt es eine aufschlussreiche Analyse der SWP über den Bundeswehreinsatz

Felix Jaitner: in Mali, auf den sich Frauke in unserem Gespräch beobachtet.

Felix Jaitner: Hallo Frauke, herzlich willkommen zum Podcast Weltunordnung.

Frauke Banse: Hallo Felix, danke für die Einladung.

Felix Jaitner: Unser Podcast thematisiert ja Fragen der internationalen Politik.

Felix Jaitner: Wir hatten Folgen zum Krieg in Gaza und auch zum russisch-ukrainischen Krieg.

Felix Jaitner: Und mindestens genauso wichtig ist ja, die kontextuellen Faktoren herauszuarbeiten,

Felix Jaitner: die diese geopolitischen Umbrüche erklären.

Felix Jaitner: Also auch ganz konkret die Herausbildung einer multipolaren Weltordnung.

Felix Jaitner: Und ich finde, Afrika ist eine der Weltregionen, wo sich diese Veränderungen sehr deutlich zeigen.

Felix Jaitner: Also ich möchte nochmal klar machen, also für mich ist Afrika natürlich kein

Felix Jaitner: homogener Akteur, aber ich finde es sehr auffällig, dass sich verschiedene Großmächte

Felix Jaitner: darum bemühen, ihren Einfluss auf den Kontinent auszubauen.

Felix Jaitner: Und das sehen wir ja auch in der Diskussion in den Medien.

Felix Jaitner: Seit einigen Jahren wird immer wieder von einem neuen Wettlauf um Afrika gesprochen,

Felix Jaitner: so hat die FAZ im Jahr 2022 getitelt, oder das Council on Foreign Relations

Felix Jaitner: spricht von einem New Scramble for Africa.

Felix Jaitner: Und der Begriff beschreibt ja jetzt in erster Linie eine neue geopolitische

Felix Jaitner: und geoökonomische Konkurrenzsituation, in der sozusagen die traditionelle Dominanz

Felix Jaitner: der ehemaligen Kolonialmächte,

Felix Jaitner: vor allem Frankreich und Großbritannien von aufstrebenden Ländern wie China,

Felix Jaitner: auch Russland oder vielleicht auch anderen Ländern wie der Türkei herausgefordert wird.

Felix Jaitner: Und deswegen würde ich in einem ersten Schritt gerne mit dir so ein Mapping

Felix Jaitner: machen, also welche Akteure agieren hier eigentlich und warum.

Felix Jaitner: Und ich würde gerne anfangen mit China, das ja in der westlichen Diskussion

Felix Jaitner: und auch in Deutschland immer sehr kritisch als Beispiel angeführt wird für

Felix Jaitner: die Kooperation mit afrikanischen Autokraten,

Felix Jaitner: afrikanische Länder in eine Schuldenfalle treiben würde.

Felix Jaitner: Was würdest du denn sagen, wie real ist der chinesische Einfluss in Afrika und

Felix Jaitner: auf welcher materiellen Grundlage beruht er eigentlich?

Frauke Banse: Felix, darf ich nochmal aber die Grundsätze der Annahme kurz hinterfragen?

Frauke Banse: Diesen New Scramble for Afrika. Da würde ich gerne anfangen,

Frauke Banse: um dann auf deine Frage spezifisch zu China zu kommen.

Frauke Banse: Also das Phänomen spitzt sich weiter zu, aber der Scramble ist nicht so neu.

Frauke Banse: Also den Scramble-Camping natürlich, deswegen ist er die Referenz zu Scramble

Frauke Banse: for Africa, Afrika-Konferenz 1884 unter Bismarck etc.

Frauke Banse: Das ist natürlich die historische Referenz, aber der Scramble hat schon viel

Frauke Banse: früher angefangen mit den Strukturanpassungsmaßnahmen, wo Privatisierungen stattgefunden

Frauke Banse: haben, wo ein Grip sozusagen,

Frauke Banse: ein Zugreifen stattgefunden hat, wo wir auch schon sehen,

Frauke Banse: dass sich neu aufstrebende Länder wie Südkorea etc.

Frauke Banse: Versucht haben zu etablieren, dann aber vor allen Dingen 2003 mit dem Rohstoffboom

Frauke Banse: und dem Aufstreben Chinas,

Frauke Banse: also sich sozusagen hier sukzessive die geopolitischen Einflussnahmen zugespitzt

Frauke Banse: haben. Es ist in keinem Fall neu.

Frauke Banse: Es nimmt nur zu. Und es ist extrem dynamisch. Genau. Jetzt zu deiner Frage, China.

Felix Jaitner: Vielleicht dürfte ich davor nochmal einhaken. Also du würdest sagen,

Felix Jaitner: die verschärfte Konkurrenz um Afrika beginnt mit dem Strukturanpassungsprogramm,

Felix Jaitner: das heißt seit den späten 80er Jahren?

Frauke Banse: Ja, also es gab immer wieder Versuche, lass uns mal 2003 anfangen,

Frauke Banse: also mit dem Aufstreben Chinas spätestens hier.

Frauke Banse: Ja, wir sehen aber auch schon Anzeichen vorher mit Aufstreben Südkoreas etc.,

Frauke Banse: dass es hier sozusagen neue Konkurrenzsituationen kam.

Frauke Banse: Aber dass mit dem Aufschreben Chinas, mit dem Wachstumsmodell Chinas sich die

Frauke Banse: Konkurrenzen auch auf dem afrikanischen Kontinent verschoben, verändert haben.

Frauke Banse: Aber darauf dann eben auch die Reaktion der Europäischen Union.

Frauke Banse: Wir haben das gesehen in der Verhandlung über die sogenannten Economic Partnership

Frauke Banse: Agreements, wo es ein extrem hartes Verhandeln der Europäischen Kommission gab,

Frauke Banse: gerade was Investitionszugänge, intellektuelle Eigentumsrechte etc.

Frauke Banse: Gab. Und es lässt sich auch oder vor allen Dingen erklären, dadurch,

Frauke Banse: dass diese Konkurrenzsituation bereits Anfang der 2000er Jahre also deutlich angezogen hatte,

Frauke Banse: was sozusagen die Sicherung des europäischen Marktzugangs in Afrika angeht und

Frauke Banse: insbesondere eben auch, was Investitionsregeln angeht.

Frauke Banse: Da ging es mitnichten alleine um Handel mit Gütern, sondern eben vor allen Dingen

Frauke Banse: um intellektuelle Eigentumsrechte, Wettbewerbsrecht etc.

Frauke Banse: Also alles, was weitergehend ist als die pure Güterverschiffung.

Frauke Banse: Deswegen ist es 20 Jahre plus alt, ja, dieser News Channel. Das sollten wir

Frauke Banse: im Kopf behalten. Das ist kein neues Phänomen.

Frauke Banse: Und du hast völlig recht, die Länder, die Staaten, die hier versuchen Einfluss

Frauke Banse: zu nehmen, derer gibt es sehr viele.

Frauke Banse: Also du hast die Türkei genannt, was immer wieder vergessen wird,

Frauke Banse: aber was extrem wichtig ist, sind die Vereinigten Arabischen Emirate und auch Saudi-Arabien.

Frauke Banse: Dann haben wir die europäischen Länder auch hier in kooperativer Konkurrenz zueinander.

Frauke Banse: Da kommen wir speziell nochmal auf Frankreich und Deutschland zu sprechen.

Frauke Banse: Wir haben die USA, wir haben interne Dynamiken mit Südafrika,

Frauke Banse: also wir haben Russland.

Frauke Banse: Wir haben aber auch die Ukraine, also wir haben sowas wie eine Konfliktübertragung,

Frauke Banse: Ukraine, Russland im Sahel.

Frauke Banse: Wir haben auch Brasilien, also wir haben auch die verschiedenen BRICS-Staaten und so weiter.

Frauke Banse: So, herausragend sind dabei China und Russland, die sozusagen als neue Mächte

Frauke Banse: hier sichtbar werden, aber bei weitem nicht alleine.

Frauke Banse: Ja, wie gesagt, die Vereinigten Arabischen Emirate werden zum Beispiel immer

Frauke Banse: gerne vergessen, obwohl sie gerade im Krieg im Sudan eine zentrale und extrem

Frauke Banse: unrühmliche Rolle spielen. So, deine Frage bezüglich China.

Frauke Banse: China ist inzwischen der größte bilaterale Geber vieler afrikanischer Staaten,

Frauke Banse: aber auch sehr, sehr unterschiedlich gelagert.

Frauke Banse: Also einige Länder wie zum Beispiel Samia waren relativ hoch verschuldet,

Frauke Banse: Ghana hingegen weniger.

Frauke Banse: Es sind hier zwei der Länder, die in große Schuldenkrisen geraten sind.

Frauke Banse: Das gesagt ist aber der größte Gläubiger oder die größte Gläubigergruppe sind

Frauke Banse: inzwischen private Gläubiger, also die in Wertpapieren oder in Anleihen ihre Schuldtitel halten.

Frauke Banse: Und diese Schuldtitel werden häufig nach US-amerikanischem oder britischem Recht

Frauke Banse: gehalten und haben deswegen auch die Gerichtsbarkeit entsprechend auch in diesen

Frauke Banse: Ländern. Und diese Schulden sind Wertpapierschulden.

Frauke Banse: Das sind keine Bankschulden meistens, das sind keine staatlichen,

Frauke Banse: also bilateralen Schulden, sondern das sind Schulden, die auf internationalen

Frauke Banse: Finanzmärkten gehandelt werden und auch zu entsprechenden Konditionen vergeben werden.

Frauke Banse: Und da haben wir dann eben auch Marktkonditionen mit den entsprechenden Zinsvolatilitäten etc.

Frauke Banse: Und dann haben wir natürlich multilaterale Geber, die sehr stark auch von G7-Staaten dominiert werden.

Frauke Banse: Und deswegen, und damit bin ich nicht alleine,

Frauke Banse: ist diese ständige Referenz China als der Schuldentreiber meiner Meinung nach

Frauke Banse: in den Ablenken der eigenen Verantwortung, was die gegenwärtige wirklich dramatische

Frauke Banse: Schuldenkrise afrikanischer Länder angeht.

Frauke Banse: China ist in der Tat der größte bilaterale Geber, aber bei weitem nicht der einzige.

Frauke Banse: Und das gesagt heißt es nicht, dass China jetzt ein großartiger Gläubiger ist

Frauke Banse: mitnichten, aber es ist auch nicht schlimmer als die anderen.

Felix Jaitner: Lass uns nochmal auf andere Länder zu sprechen kommen, die in diesem Zusammenhang

Felix Jaitner: auch noch eine wichtige Rolle einnehmen.

Felix Jaitner: Die russische Föderation zum Beispiel bemüht sich ja auch zunehmend um Einfluss

Felix Jaitner: in Afrika. Es werden jährlich sogenannte Russland-Afrika-Gipfel in Moskau abgehalten,

Felix Jaitner: die auch durchaus Zuspruch stoßen von afrikanischer Seite.

Felix Jaitner: Im vergangenen Jahr waren über 40 Ministerinnen und Minister aus afrikanischen

Felix Jaitner: Ländern bei diesem Gipfel und begleitet wird die russische Politik in Afrika

Felix Jaitner: von einem antikolonialen Diskurs,

Felix Jaitner: in dem Russland sich als Vertreterin des globalen Südens positioniert und stark

Felix Jaitner: diskursiv an antikoloniale Befreiungsbewegungen und Kooperationen aus der Zeit

Felix Jaitner: der Sowjetunion anknüpft.

Felix Jaitner: Meine Frage an dich wäre, wird der russische Einfluss eigentlich überschätzt

Felix Jaitner: oder ist er real in Afrika?

Felix Jaitner: Und wenn ja, in welchen Bereichen und in welchen Regionen?

Frauke Banse: Ja, das ist ein bisschen eine diffizile Frage. Also fangen wir mit den Bereichen an, den Regionen.

Frauke Banse: Also die militärische Präsenz ist insbesondere in den Sahelstaaten sehr stark

Frauke Banse: sichtbar, insbesondere in Niger, Mali und Burkina, aber auch der Zentralafrikanischen Republik.

Frauke Banse: Und Russland ist in Rohstoffhandel, auch verdeckter Rohstoffhandel, verwickelt.

Frauke Banse: Die Wagner Group spielt ja offenbar nochmal eine eigene Dynamik da drin.

Frauke Banse: Oder sie heißt jetzt anders Afrika-Core.

Frauke Banse: Und in anderen Ländern ist dann Russland weniger relevant. Aber auf jeden Fall

Frauke Banse: sehen wir einen deutlichen Fokus Russlands auf Afrika oder auf spezielle afrikanische

Frauke Banse: Länder. Ich habe sie gerade eben schon gesagt.

Frauke Banse: Und dann eben auch eine spezielle Verwicklung, zum Beispiel in den Goldhandel.

Frauke Banse: Was für die Refinanzierung des russischen Krieges vermutlich auch von Relevanz ist.

Frauke Banse: Und wir sehen hier dann auch nochmal, dass die Ukraine ganz offenbar die Gegenbewegung

Frauke Banse: gegen russisches Militär unterstützt, zum Beispiel die Tuareg in Mali.

Frauke Banse: Wir sehen hier eine Stellvertreter-Situation oder auch ähnlich in Mauretanien gelagert.

Frauke Banse: Also wir sehen Verlagung des Ukraine-Krieges vor allem in die Sahel-Region.

Frauke Banse: Und da spielt Russland auf jeden Fall eine große Rolle, was den Rohstoffsektor

Frauke Banse: angeht und was die Militärkooperation angeht.

Frauke Banse: Auch was Waffenhandel angeht und so weiter. Das ist auch in anderen Ländern

Frauke Banse: sichtbar, aber es ist nicht einheitlich über den Kontinent verteilt.

Felix Jaitner: Wie reagiert denn der Westen, und damit meine ich jetzt vor allem die ehemaligen

Felix Jaitner: Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien, aber auch die USA auf diese neue

Felix Jaitner: Konkurrenzsituation in Afrika?

Felix Jaitner: Oder vielleicht sollte ich dann doch lieber sagen, die verschärfte Konkurrenzsituation,

Felix Jaitner: weil so neu ist sie ja eigentlich gar nicht.

Frauke Banse: Wir sehen es ja auf globaler Ebene, eine Zunahme dieser imperialistischen Spannung.

Frauke Banse: Und die sehen wir eben auch in den verschiedenen Ländern Afrikas.

Frauke Banse: Aber es hat sich ja lange auch angebahmt. Ja, wir sehen, also Frankreich ist

Frauke Banse: ja rausgeflogen aus vielen Ländern seines alten Einflussbereichs,

Frauke Banse: insbesondere Niger, Mali und Burkina Faso.

Frauke Banse: Da ist sozusagen das Militär ja rausgeflogen.

Frauke Banse: Auch in anderen Ländern wie Senegal oder der Elfenbeinküste ist es abgezogen.

Frauke Banse: Nicht unbedingt so rausgeflogen mit viel Tamtam, aber es ist abgezogen.

Frauke Banse: Wir sehen hier eine Veränderung der französischen Strategie.

Frauke Banse: Frankreich hat ja weiterhin auch enge Beziehungen, also das System der La France

Frauke Banse: Afrique, also des postkolonialen Einflusssystems,

Frauke Banse: was letztendlich die Weltmachtstellung Frankreichs abgesichert hat,

Frauke Banse: auch letztendlich als Atommacht, Zugänge zu Uran im Niger und so weiter.

Frauke Banse: Mit starken Verquickungen, was eine politische Stabilisierung oder militärische

Frauke Banse: Backup von den verschiedenen französisch nahen Eliten in den jeweiligen früheren Kolonien gibt,

Frauke Banse: aber auch was Rohstoffkooperationen gibt, was militärische Kooperationen gibt etc.

Frauke Banse: Das war ein sehr enges Netz und das ist am Zerbröseln. Das ist ziemlich deutlich.

Frauke Banse: Frankreich zieht sich im Militär zurück, aber stellt sich auch neu auf.

Frauke Banse: Neu auf in dem Sinne, dass es auch auf andere, also sozusagen auch Anglophon-Bereich,

Frauke Banse: sieht man französische Präsenz,

Frauke Banse: besonders prominent und hoch kritisiert die Pipeline Uganda und von Uganda nach

Frauke Banse: Tansania, wo interessanterweise ein französischer Konzern, Total Energy heißt er jetzt,

Frauke Banse: Mit einem chinesischen Unternehmen kooperiert, interessanterweise.

Frauke Banse: Also hier neue Allianzen sich knüpfen und wir sehen natürlich alte Profiteure weiterhin präsent,

Frauke Banse: also jetzt als Unternehmer, wenn man so will, die in diesem Afrika auch groß

Frauke Banse: geworden sind und hier wieder die Referenz zu den Strukturanpassungsmaßnahmen

Frauke Banse: und dem Scramble, nämlich zum Beispiel Bolloré.

Frauke Banse: Bolloré ist ein großer Unternehmer in Frankreich, bekannt für die Finanzierung

Frauke Banse: der Rechtsextremen in Frankreich und der ist großer Hafenbesitzer in Westafrika.

Frauke Banse: Und der bleibt auch erstmal da. Diese enge Beziehung, die ist nicht einfach abgeschafft jetzt.

Frauke Banse: Ja, wir haben zwar eine Nationalisierung zum Beispiel von Minen in Niger,

Frauke Banse: Mali und so weiter, aber trotzdem bleibt Frankreich, verändert seine Strategie, geht aber nicht weg.

Frauke Banse: Ja, ist geschwächt, aber das französische Militär ist seit 2018 auf dem Rückzug.

Frauke Banse: Das ist einfach sehr teuer und es gibt hier bereits eine Umstrukturierung,

Frauke Banse: die jetzt aber nochmal beschleunigt wurde. Ja, natürlich mit einer sehr stark

Frauke Banse: antifranzösischen Stimmung und so weiter.

Frauke Banse: Das ist auf jeden Fall umgeschlagen mit dem französischen War on Terror,

Frauke Banse: der völlig in die Hose gegangen ist im Sahel.

Frauke Banse: Da sieht man einen ganz deutlichen Schwenk antifranzösischer Stimmung,

Frauke Banse: aber dieser Rückzug deutete sich bereits vorher an.

Frauke Banse: Bei den USA, ich meine, das ist sehr im Schwanken, es ist sehr volatil,

Frauke Banse: aber wir sehen hier in der Demokratischen Republik Kongo ja diesen ähnlichen

Frauke Banse: Deal, wie Trump den mit der Ukraine gemacht hat,

Frauke Banse: also einen Vermittlungsversuch im Krieg Ruanda-Kongo in einem Deal mit Rohstoffen,

Frauke Banse: Rohstoffzugänge, Investitionen etc.

Frauke Banse: Also hier nochmal auch eine Neujustierung der Afrika-Politik der USA,

Frauke Banse: beziehungsweise auch hier Andeutung diesbezüglich.

Felix Jaitner: Vor dem Hintergrund dieser sich verschärfenden geopolitischen Konkurrenz und

Felix Jaitner: auch dem Agieren von Großmächten in Afrika frage ich mich, ob,

Felix Jaitner: diese Situation einzelnen Ländern in Afrika eigentlich größeren Spielraum verschafft,

Felix Jaitner: eigenständige außenpolitische Strategien zu verfolgen.

Felix Jaitner: Ist das so? Und wenn ja, welche dominanten Strategien würdest du ausmachen?

Felix Jaitner: Und in welchen Ländern lässt sich das eigentlich auch beobachten?

Felix Jaitner: Du hast eben Südafrika angesprochen als ein Land, das zunehmend darum bemüht

Felix Jaitner: ist, auch selber in Afrika Einfluss auszubauen, unabhängiger zu agieren.

Felix Jaitner: Wäre das ein Beispiel und gibt es vielleicht auch andere Länder?

Frauke Banse: Na, Südafrika war schon immer das subimperiale Land in Afrika,

Frauke Banse: also auch unter Apartheid etc.

Frauke Banse: Also das hat eine andere ökonomische Struktur als der Rest. Also deswegen ist auch das nicht neu.

Frauke Banse: Ja, es gibt mehr Spielraum, also was Handelsbeziehungen angeht,

Frauke Banse: was Schuldenbeziehungen angeht, aber es spielt der herrschenden Klasse in die

Frauke Banse: Karten und ist nicht unbedingt für die allgemeine Bevölkerung zu spüren.

Frauke Banse: Wir sehen es zum Beispiel in der Migrationsverhinderung der Europäischen Union.

Frauke Banse: Die Europäische Union ist sehr angewiesen auf bestimmte Staatschefe und die

Frauke Banse: wissen das auch ganz genau auszuspielen.

Frauke Banse: Welche Migrationsabkommen mit wem geschlossen werden, wir sehen das ganz krass in Libyen.

Frauke Banse: Das ist ja auch stark in den Medien. Wir sehen es in Tunesien,

Frauke Banse: aber wir sehen es auch in anderen Ländern.

Frauke Banse: Dieser furchtbare Deal, den Großbritannien mit Ruanda abgeschlossen hatte,

Frauke Banse: der dann ja zum Glück gerichtlich gestoppt wurde, um Migrantinnen nach Ruanda

Frauke Banse: abzuschieben, obwohl sie dazu keinerlei Beziehungen hatten.

Frauke Banse: Das ist menschenrechtlich keine positive Entwicklung.

Frauke Banse: Wir sehen es aber auch zum Beispiel, wenn wir in den Sahel gucken.

Frauke Banse: Also es gab nach den Putschen Sanktionen der westafrikanischen Wirtschaftsunion,

Frauke Banse: der ECOWAS, gegen diese putschistischen Regierungen, also Burkina Faso, Niger und Mali.

Frauke Banse: Und was wir dann gesehen haben, ist ein Hinwenden zu Marokko.

Frauke Banse: Marokko ist aber eines der israelfreundlichsten Länder in der Region.

Frauke Banse: Eigentlich gelten diese drei Länder als Beweise des Anti-Imperialismus oder

Frauke Banse: wie auch immer das ist, aber ist volatil und sowieso fragwürdig,

Frauke Banse: weil es Diskurs ist und keinerlei Grundierung hat.

Frauke Banse: Also deine Frage war die Spielräume. Die Spielräume gibt es,

Frauke Banse: aber die sind im höchsten Maße volatil und spielen letztendlich,

Frauke Banse: wenn es keine Bewegung von unten gibt, der herrschenden Klasse in die Hände.

Frauke Banse: Aber es gibt verstärkte Spielräume, die eigentlich auch genutzt werden könnten,

Frauke Banse: aber sie sind eben auch sehr gefährlich.

Frauke Banse: Wir sehen das auch im Sudan, wo wir letztendlich einen Stellvertreterkrieg sehen.

Frauke Banse: Zwischen auch Saudi-Arabien und der Vereinigten Arabischen Emirate.

Frauke Banse: Die Saudi-Arabien unterstützt die SAP, die Regierungsarmee und die Vereinigten

Frauke Banse: Arabischen Emirage unterstützen die Rapid Response Forces.

Frauke Banse: Da gibt es sozusagen eine Auswahl, das führt aber zum Stellvertrechterkrieg.

Frauke Banse: Insofern ist das ein hohes Gefahrenpotenzial, als dass es unbedingt emanzipatorische Kräfte stärkt.

Felix Jaitner: Das heißt, wenn wir uns die gegenwärtige Kräftekonstellation in Afrika ansehen,

Felix Jaitner: Dann handelt es sich um keinen neuen Wettlauf,

Felix Jaitner: sondern eigentlich um eine verschärfte imperiale Konkurrenzsituation,

Felix Jaitner: in der neue Länder, China,

Felix Jaitner: Russland, die Dominanz der G7-Staaten, der traditionellen westlichen Länder

Felix Jaitner: USA, Frankreich, Großbritannien herausfordern.

Felix Jaitner: Wie du gesagt hast, am Beispiel Frankreich und China durchaus auch in einem

Felix Jaitner: Kooperationsverhältnis stehen können.

Felix Jaitner: Und gleichzeitig sehen wir schon Möglichkeiten, bei einigen afrikanischen Ländern

Felix Jaitner: den sich dadurch ergebenden Spielraum zu nutzen.

Felix Jaitner: Das bleibt allerdings bisher selten. Habe ich dich da soweit richtig verstanden?

Frauke Banse: Ja, beziehungsweise zeigen sich dann eben auch, dass wir das nicht isoliert

Frauke Banse: betrachten können. Wir nehmen die Vereinigten Arabischen Emirate im Sudan.

Frauke Banse: Das ist ein wirklich total furchtbarer Bürgerkrieg.

Frauke Banse: Die Rapid Response Forces sind eine der brutalsten Milizen, die man sich so vorstellen kann.

Frauke Banse: Die Vereinigten Arabischen Emirate unterstützen sie wegen Zugang zu Land,

Frauke Banse: um ihr eigenes Akkumulationsmodell neu zu justieren, was Nahrungsmittelzugänge

Frauke Banse: angeht, was Gold auch angeht, um unabhängiger vom Dollar zu werden oder auch Wasserzugänge etc.

Frauke Banse: Und die Europäische Union oder Deutschland hält die Füße still,

Frauke Banse: weil es ein wichtiger Partner mit Israel ist. Wir müssen sozusagen die imperialistische

Frauke Banse: Situation auf dem Kontinent immer auch kontextualisieren.

Frauke Banse: Ich habe es eben jetzt mit den Vereinigten Arabischen Emiraten genannt,

Frauke Banse: ich habe es vorhin mit dem Krieg in der Ukraine genannt, der sich plötzlich im Sahel wiederfindet.

Frauke Banse: Die Notwendigkeit Russlands an Finanzen zu kommen mit dem Goldhandel etc.

Frauke Banse: Also entsprechend gefährlich ist die Situation diesbezüglich.

Frauke Banse: Wir sehen zum Beispiel in Burkina so einen Abfeiern des Generals,

Frauke Banse: der da in der Macht ist, Traoré.

Frauke Banse: Der wird von vielen als neuer Sankara gefeiert.

Frauke Banse: Und wenn wir uns aber seine Menschenrechtsbilanz angucken, ist die verheerend.

Frauke Banse: Insofern ist hier auch so eine Vereinfachung der Bezugnahmen von linker Seite

Frauke Banse: auf jeden Fall zu kritisieren. Nur weil die einen antifranzösisch sind,

Frauke Banse: heißt das noch lange nicht, dass sie irgendwie immer ein sympathisches Potenzial haben.

Frauke Banse: Und da kommen wir ja nachher nochmal drauf zu sprechen, wenn es auch um linke Strategien angeht.

Frauke Banse: Die fangen meiner Meinung nach an mit sauberen Analysen und sich auch ehrlich zu machen.

Felix Jaitner: Lass uns den Blick nochmal ein bisschen weiten, nämlich auf die deutsche Rolle in Afrika.

Felix Jaitner: In deiner wissenschaftlichen Arbeit beschäftigst du dich ja sehr intensiv mit

Felix Jaitner: der deutschen Afrikapolitik und

Felix Jaitner: du konstatierst ein zunehmendes Interesse Deutschlands an Afrika seit ca.

Felix Jaitner: 10, 15 Jahren. Was sind denn die Gründe für dieses deutsche Engagement oder

Felix Jaitner: das deutsche Interesse in Afrika?

Frauke Banse: Deutschland hat ein vitales Interesse an den Zugängen zu Rohstoffen durch sein

Frauke Banse: Akkumulationsmodell und war hier auch treibend für zum Beispiel den European Raw Materials Act.

Frauke Banse: Und im Zuge dessen hat Deutschland auch eine eigene Afrika-Politik entwickelt,

Frauke Banse: hat auch Strategien entwickelt, auch unter Merkel besonders sichtbar und dann

Frauke Banse: nochmal ausdifferenziert mit dem sogenannten Compact with Africa.

Frauke Banse: Die KfW, leider völlig unterforschte Institution,

Frauke Banse: Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, war hier oder ist hier sehr aktiv,

Frauke Banse: auch was sozusagen die Umgestaltung der Finanzsysteme angeht,

Frauke Banse: um Kapitalmärkte aufzubauen,

Frauke Banse: auch um deutsche Investitionen zu erleichtern.

Frauke Banse: Wir sehen sehr strategisches Vorgehen, insbesondere mit dem Angriff Russlands

Frauke Banse: auf die Ukraine, eine Diversifizierung der Energieressourcen,

Frauke Banse: der Wunsch, unabhängiger von China zu werden, was die Absatzmärkte angeht.

Frauke Banse: Also es gibt ja so ein ganzes Bündel an Interessen der Diversifizierung,

Frauke Banse: sowohl was der Zugang zu Rohstoffen für die deutsche Industrie angeht,

Frauke Banse: wie aber auch für die Absatzmärkte.

Frauke Banse: So, da gab es gerade unter Merkel und dann aber auch nochmal unter der Regierung

Frauke Banse: Scholz Vielerlei Initiativen, was Wasserstoffproduktion etc.

Frauke Banse: Angeht, das ist auch immer noch da, aber wir sehen jetzt unter der Regierung

Frauke Banse: Merz wahrscheinlich auch durch die eigenen Krisensituationen,

Frauke Banse: Scheitern der Regierung Scholz etc.,

Frauke Banse: Dass diese Systematik erstmal nicht mehr sichtbar ist, jedenfalls nicht von außen.

Frauke Banse: Und hier sehen wir eben auch, wie dynamisch das Ganze ist.

Frauke Banse: Also es macht von einer Interessenskonstellation, die hat sich jetzt ja nicht

Frauke Banse: rapid nur durch den Regierungswechsel jetzt geändert, aber auch hier müssen

Frauke Banse: wir sehen, dass eben Innenpolitik, Außenpolitik oder imperialistisches Verhalten

Frauke Banse: sozusagen deutlich auch bestimmt.

Frauke Banse: Hinzu kommt natürlich, dass die deutsche Afrikapolitik gerade im militärischen

Frauke Banse: Bereich sehr stark im Fahrwasser Frankreichs geschwommen ist und mit den Putschen

Frauke Banse: im Sahel und mit dem Zerkrümeln, sage ich mal,

Frauke Banse: des Machtsystems La France-Afrique vielleicht sich auch die deutsche Afrikapolitik neu justieren muss.

Frauke Banse: Also es gibt im Vertrag von Aachen, dem französischen deutschen Kooperationsabkommen, einen Artikel,

Frauke Banse: der als einzigen Kontinent der Kooperation mit dem Ziel Frieden und Stabilisierung

Frauke Banse: und Entwicklung und so weiter, da gibt es den einzigen Kontinent,

Frauke Banse: der hier genannt wird, wo kooperiert werden soll, ist Afrika.

Frauke Banse: Und ein Absatz später wird dann gesagt, dass sinngemäß Frankreich Deutschland

Frauke Banse: daran unterstützt, einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat zu bekommen.

Frauke Banse: Also da sehen wir, dass sozusagen auch der französische Hinterhof vielleicht

Frauke Banse: Deutschland helfen sollte, sein globales Gewicht zu verändern.

Frauke Banse: So, nun ist dieser Hinterhof aber dabei, sich umzustrukturieren.

Frauke Banse: Die französische Militärpräsenz in Afrika hat sich verändert und so muss sich

Frauke Banse: dann eben auch insbesondere die militärische Präsenz Deutschlands in Afrika neu justieren.

Frauke Banse: Es gibt Äußerungen von Pistorius noch aus der alten Regierung,

Frauke Banse: aber er ist ja noch da, der da sagt, vielleicht müssen wir es dann alleine machen.

Frauke Banse: Also vorher war Deutschland immer sehr stark UN eingebunden, EU eingebunden.

Frauke Banse: Frankreich hat mit dieser Operation Barkan in Mali sogenannte Terrorbekämpfung.

Frauke Banse: Sie haben damit eher den Terror gezüchtet, ja, hat den zugearbeitet,

Frauke Banse: war aber eingebunden in dieses multilaterale Minusma-Operation sozusagen, ja.

Frauke Banse: So, und das ist jetzt erst mal...

Frauke Banse: Gescheitert, sind rausgeflogen, die Situation hat sich verschlimmert,

Frauke Banse: dann verbessert, also Zentral-Mali, da gab es jede Menge befaftete Konflikte

Frauke Banse: und so weiter, ist und war eine Katastrophe

Frauke Banse: und es gab den Abzug der Bundeswehr und jetzt, ja, jetzt gibt es,

Frauke Banse: glaube ich, so eine Neufindungsphase, auch im Verteidigungsministerium diesbezüglich.

Frauke Banse: Also wir sehen hier einerseits militärisch eng an Frankreich angeknüpft,

Frauke Banse: sozusagen hier im Fahrwasser, ökonomisch viel auch in der kooperativen Konkurrenz mit Frankreich.

Frauke Banse: Dann haben wir die innenpolitische Krise in Deutschland, was offenbar auch die

Frauke Banse: Afrikapolitik beeinflusst.

Frauke Banse: Also es ist unübersichtlich.

Frauke Banse: Nichtsdestotrotz gab es eben, insbesondere unter Merkel und Scholz,

Frauke Banse: diesen stärkeren Fokus und Systematisierung der deutschen Afrikapolitik in enger

Frauke Banse: Kooperation mit der Europäischen Union, weil die einfach die Investitionsabkommen

Frauke Banse: und die Handelspolitik entsprechend auch navigieren.

Frauke Banse: Aber der Compact with Afrika ist schon sehr, sehr stark von Deutschland betrieben

Frauke Banse: worden mit entsprechenden Unternehmenskooperationen etc.

Frauke Banse: Oder sehr stark unterstützt auch von deutscher Entwicklungszusammenarbeit diesbezüglich.

Frauke Banse: Führend darin auch die KfW.

Felix Jaitner: Du hast ja bereits die deutsche Beteiligung an der UN-Mission MINUSMA in Mali erwähnt.

Felix Jaitner: Von 2013 bis 2023 hat die Bundeswehr der zeitweilig ja über 1100 Soldaten in Mali stationiert.

Felix Jaitner: Mein Eindruck ist, das ist in der deutschen Öffentlichkeit nicht mehr wirklich präsent.

Felix Jaitner: Und Deutschland hat sich ja auch aktiv beteiligt an Terrorbekämpfung und Militärausbildung.

Felix Jaitner: Also das hast du ja auch erwähnt, dass dann nach einer Reihe von Militärputschen

Felix Jaitner: die Übergangsregierung den UN-Einsatz beendet hat und auch die Militärpräsenz

Felix Jaitner: Frankreichs beendet hat und dafür aber eine sicherheitspolitische Kooperation

Felix Jaitner: mit Russland beschlossen hat.

Felix Jaitner: Ich frage mich, ist aus deutscher Sicht jetzt, also aus Sicht auch der deutschen

Felix Jaitner: Regierung, der deutschen Eliten, ist die Kooperation mit Frankreich eher ein

Felix Jaitner: Hindernis, um den eigenen Einfluss auszubauen?

Felix Jaitner: Also wenn Pistorius sagt, wir müssen es in Zukunft selber machen,

Felix Jaitner: dann schwingt damit ja auch mit, wir können unsere Interessen im Bündnis mit

Felix Jaitner: Frankreich eigentlich gar nicht so durchsetzen, wie wir es gerne wollen.

Felix Jaitner: Warum eigentlich auch dieses Bündnis mit Frankreich?

Frauke Banse: Ich glaube, das ist noch ein bisschen zu früh. Also wenn man sich mit den Gründen

Frauke Banse: für den französischen oder den europäischen Militäreinsatz im Sahel beschäftigt,

Frauke Banse: kriegt man irgendwann raus, dass es eigentlich ein Manövergebiet war.

Frauke Banse: Ja, also einerseits hat Deutschland geprobt, das wird dann auch ausgewertet entsprechend.

Frauke Banse: Ja, wir haben hier jene und diese Schwächen haben sich gezeigt in der und der

Frauke Banse: Ministerkooperation und so weiter.

Frauke Banse: Also es ist ein Probelauf für Militäreinsätze.

Frauke Banse: Und was Frankreich unabhängig von Deutschland gemacht hat, war tatsächlich zu

Frauke Banse: kooperieren mit Estland, ich glaube Schweden war auch dabei,

Frauke Banse: weitere Länder, die eigentlich überhaupt keine Beziehung in diese Region haben

Frauke Banse: und haben da Militärinsätze gemacht.

Frauke Banse: Und das war von der Logik des Manövers, würde ich sagen.

Frauke Banse: Sie haben Kooperationen geübt in the real life, eben im Sahel.

Frauke Banse: Abgesehen davon, dass mit Militär da eh nichts zu holen ist,

Frauke Banse: meiner Meinung nach, was Konfliktursachenbekämpfung angeht.

Frauke Banse: Aber sie wollten es noch nicht mal. Ja, so das gesagt heißt,

Frauke Banse: Deutschland und Frankreich sind enge Kooperationspartner auf einer europäischen

Frauke Banse: Ebene innerhalb der EU und damit dann auch auf der militärischen Ebene anderswo.

Frauke Banse: Nur im konkreten Fall Sahel gibt es eben das Rauswerfen der französischen Truppen.

Frauke Banse: So, da ist jetzt nicht so viel zu gewinnen mit den Franzosen in diesem konkreten

Frauke Banse: Fall. Also aus rein pragmatischen Gründen.

Frauke Banse: Ja, die sind nicht erwünscht. Die Deutschen da auch nicht, aber sozusagen der Knall war weniger laut.

Frauke Banse: Also ich würde das auf gar keinen Fall so beendet erklären, sondern es ist eine Neufindungsphase.

Frauke Banse: Aber nochmal, also diese Erkenntnis auch, dass es letztendlich Manövergebiet

Frauke Banse: war, das würden sie ja wieder machen, also wenn es geht.

Frauke Banse: Und dass eigentlich so eine europäische Militärkooperation geübt wurde.

Felix Jaitner: Und auch Erfahrungen vermutlich bei Auslandseinsätzen, also diese ganze Frage,

Felix Jaitner: auch um zukünftig fähig zu sein, eigenständig Auslandseinsätze durchführen zu

Felix Jaitner: können, auch ohne US-Hilfe.

Felix Jaitner: Diese Punkte, was das bedeutet. Genau.

Frauke Banse: Dazu war der Sahel ein hervorragendes Territorium. Also es gibt dazu Berichte,

Frauke Banse: da wird einem ganz anders, muss ich ganz ehrlich sagen.

Felix Jaitner: Was sind das für Berichte?

Frauke Banse: Es gibt einen SWP-Bericht darüber, ja, es gibt eine Analyse dazu.

Frauke Banse: Sie nennen das dann anders.

Frauke Banse: Sie nennen das nicht Manövergebiet, sondern Sie nennen das Kooperationserprobung oder irgendwie sowas.

Frauke Banse: Aber da geht es gar nicht darum, ob das jetzt irgendwie sinnvoll ist oder nicht

Frauke Banse: für die Konfliktursachenbekämpfung.

Felix Jaitner: Du hast ja als ökonomisches Interesse, das Deutschland in Afrika verfolgt,

Felix Jaitner: bereits den Zugang zu Ressourcen angesprochen.

Felix Jaitner: Wie relevant ist denn der deutsche Handel mit Afrika oder auch einzelnen Ländern

Felix Jaitner: Afrikas im Vergleich zu China oder auch Frankreich und Großbritannien?

Frauke Banse: Die deutschen Investitionen in Afrika sind gering im Verhältnis zu anderen.

Frauke Banse: Also da haben wir einen Fokus auf Südafrika und einen Fokus auf Nordafrika,

Frauke Banse: was Autoproduktion angeht.

Frauke Banse: So, das war es. Also da gibt es noch hier und da einiges anderes.

Frauke Banse: Dann gibt es die Wasserstoffinvestitionen.

Frauke Banse: Aber wir sehen auch nochmal eine Differenz zwischen Kapital,

Frauke Banse: direkten Kapitalinteressen und das Interesse der Regierung, das Akkumulationsmodell zu stabilisieren.

Frauke Banse: Nämlich mit dem Wunsch der Diversifizierung. Und wir sehen in Anbahnen oder

Frauke Banse: Sahen unter Merkel und Scholz, in Anbahnen von Kooperationen,

Frauke Banse: in der Verfestigung von Handelsbeziehungen, in der Vereinfachung der Zugänge etc.

Frauke Banse: Kapitalinvestitionen sind nicht unbedingt gefolgt. Nichtsdestotrotz gibt es

Frauke Banse: halt entsprechendes Regierungshandel, was eine große Rationalität hat.

Frauke Banse: Ich müsste jetzt noch mal genauer gucken, wie die Zahlen sich verändert haben,

Frauke Banse: aber so war der Stand ungefähr von dem Jahr.

Frauke Banse: Und da das Regierungshandeln, also sozusagen die Intensität sich verringert

Frauke Banse: hat jetzt mit dem Regierungswechsel, kann ich mir vorstellen,

Frauke Banse: dass das jetzt auch nochmal, auch das sich verlangsamt hat diesbezüglich.

Frauke Banse: Zum Beispiel gibt es so ein von der Bundesregierung gefördertes Programm zur

Frauke Banse: Ausdehnung der Automobilproduktion.

Frauke Banse: Ökologisch höchst fragwürdig und auch von der sozialen Gleichheit höchst fragwürdig,

Frauke Banse: also sozusagen Individualmobilität versus öffentlicher Verkehr.

Frauke Banse: Und hier konnten wir zum Beispiel in Ghana sehen, dass die Deutschen,

Frauke Banse: also hier VW viel zu spät war, da war halt schon Nissan und alle anderen und

Frauke Banse: die Deutschen kamen so ein bisschen verspätet und hatten so eine Mini-Dependance.

Frauke Banse: Also das ist jetzt, ich weiß nicht, wie stellvertretend das dann für andere

Frauke Banse: ist. In Ruanda war das dann anders, da war VW präsenter.

Frauke Banse: Aber es ist eben eine hohe Konkurrenz inzwischen, in der sich eben auch deutsches

Frauke Banse: Kapital zurechtfinden muss.

Felix Jaitner: Ich finde, ein Grundzug der deutschen Außenpolitik seit der Wiedervereinigung

Felix Jaitner: ist, dass immer stärkere außenpolitische

Felix Jaitner: Engagement begründet wird mit dem Einsatz für höhere Ziele.

Felix Jaitner: Also die wertebasierte Außenpolitik oder auch die feministische Außenpolitik

Felix Jaitner: dienen ja vermeintlich immer auch

Felix Jaitner: dem Kampf für Demokratie oder für Menschenrechte und mehr Rechtsstaat.

Felix Jaitner: Und in dieser Tradition,

Felix Jaitner: Folgt die Bundesrepublik in gewisser Weise auch US-amerikanischer Außenpolitik

Felix Jaitner: in den 90er Jahren unter Bill Clinton zum Beispiel?

Felix Jaitner: Also die BRD als Vertreterin universalistischer Werte und nicht primär materieller Interessen.

Felix Jaitner: Täuscht jetzt der Eindruck oder erweckt Deutschland tatsächlich den Anschein,

Felix Jaitner: sich in der Afrikapolitik von den europäischen ehemaligen Kolonialmächten abgrenzen zu wollen?

Felix Jaitner: Also wie wird es eigentlich begründet, dass Deutschland ein verstärktes ökonomisches

Felix Jaitner: Interesse hat mit verschiedenen Ländern Afrikas?

Felix Jaitner: Ist das rein sozusagen auf dieser handelspolitischen Ebene, wir erzielen durch

Felix Jaitner: unsere Handelsabkommen beidseitige Vorteile oder gibt es da auch noch vermeintlich

Felix Jaitner: universalistische höhere Werte für Demokratie,

Felix Jaitner: Rechtsstaat, Menschenrechte und so weiter?

Frauke Banse: Ich möchte da auf zwei, vielleicht drei Ebenen antworten.

Frauke Banse: Ich glaube erstens, dass sich der Diskurs verändert hat. Die deutsche Entwicklungspolitik

Frauke Banse: wird deutlich interessensorientierter formuliert.

Frauke Banse: Das ist ein Diskurswandel, das

Frauke Banse: hat aber nicht unbedingt etwas mit einer Veränderung der Praxis zu tun.

Frauke Banse: Wir sehen die Scheinheiligkeit dieses Diskurses spätestens in diesem Migrationsverhinderungsabkommen

Frauke Banse: im Brennglas und besonders berühmt zu Libyen.

Frauke Banse: Wir sehen es aber auch zum Beispiel im Diskurs über Namibia,

Frauke Banse: wo es keine Landvertreibung gibt.

Frauke Banse: Nein, wieso gibt es keine Landvertreibung? Naja, weil es da mal einen deutschen

Frauke Banse: Kolonialismus gab, der die Leute bereits vertrieben hat.

Frauke Banse: Und es gab einen Genozid da und so und das Land, naja gut, das ist jetzt zu

Frauke Banse: 70 Prozent immer noch von deutschen Nachkommen oder Weißen besessen.

Frauke Banse: Es gibt eine extrem hohe Ungleichheit in der Landverteilung.

Frauke Banse: Und für das konkrete Wasserstoffprojekt musste jetzt vielleicht niemand mehr

Frauke Banse: vertrieben werden. Aber das ist ja auch schon vorher entsprechend geschehen.

Frauke Banse: Also das wird dann natürlich nicht erwähnt in diesen Diskursen.

Frauke Banse: Wir sehen es bei der MINUSMA, also der UN-Mission in Mali, die sehr stark moralisch geprägt war.

Frauke Banse: Die aber unter anderem engst mit Frankreich kooperierte, mit der Operation Barkhane,

Frauke Banse: die eine verheerende Menschenrechtsbilanz hat.

Frauke Banse: Das gesagt, es gibt aber bestimmt auch einzelne sinnvolle Entwicklungsprojekte,

Frauke Banse: das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen, von Einzelpersonen, Unterinstitutionen.

Frauke Banse: Wir sehen aber letztendlich, dass Entwicklungshilfe immer auch oder zu großen

Frauke Banse: Teilen Interessenspolitik ist.

Frauke Banse: Wir haben das bei den Economic Partnerships gesehen, den Ebers,

Frauke Banse: wo ja von der Win-Win-Situation also ein sehr stark paternalistisches Verhältnis

Frauke Banse: auch zu Afrika, was ja treibend ist überall,

Frauke Banse: aber auch hier in dem Diskurs und kaum ging es darum, dass afrikanische zivilgesellschaftliche

Frauke Banse: Organisationen mehr ökonomische Souveränitätsrechte eingefordert haben.

Frauke Banse: Dann wurde erwähnt, dass sozusagen die Entwicklungshilfe ja auch entsprechend

Frauke Banse: konditionalisiert werden könnte etc.

Frauke Banse: Der Ghanage-Gewerkschaftsbund hat es dann neokolonial und blackmailing,

Frauke Banse: also Erpressung genannt.

Frauke Banse: Oder andere nannten das dann die Geiseln der Entwicklungshilfe sind und eben

Frauke Banse: über diese starke Abhängigkeit der Entwicklungshilfe entsprechende Konzessionen da machen.

Felix Jaitner: Also Deutschland ist ein Land, das in dieser verschärften geopolitischen Konkurrenz

Felix Jaitner: um Afrika sich darum bemüht,

Felix Jaitner: den eigenen Einfluss auszubauen, ist aber zumindest noch kein entscheidender

Felix Jaitner: Akteur, wenn ich dich verstehe.

Felix Jaitner: Es agiert stark in Kooperation mit Frankreich, aber es gibt ein großes Interesse

Felix Jaitner: an Afrika, zum einen ökonomisch, also um Zugang zu Rohstoffen zu bekommen,

Felix Jaitner: als Absatzmarkt auch für die eigene Industrie,

Felix Jaitner: auch militärisch, also als militärisches Testgebiet, auch um Erfahrung zu gewinnen

Felix Jaitner: und natürlich auch militärisch Einfluss auszubauen.

Felix Jaitner: Aber auch, über den Punkt haben wir noch gar nicht richtig gesprochen,

Felix Jaitner: im Kontext der Migrationsbekämpfung.

Felix Jaitner: Also durch Kooperation mit afrikanischen Staaten systematisch Migration nach

Felix Jaitner: Europa zu verhindern. Ist das korrekt?

Frauke Banse: Das Letzte ist auf jeden Fall korrekt. Das Zweite, also sozusagen das Interesse

Frauke Banse: und die Erfolglosigkeit, das will ich nochmal kurz ein bisschen differenzieren.

Frauke Banse: Also wir können die deutsche Afrikapolitik nicht ohne Europäische Union denken,

Frauke Banse: weil die Europäische Union eben für Handelsfragen zuständig ist.

Frauke Banse: Und auch Investitionsabkommen verhandelt. Und so gab es eben neue Rohstoffabkommen

Frauke Banse: der EU mit afrikanischen Ländern.

Frauke Banse: Und hier müssen wir sehen, dass Deutschland treibend ist in dieser Rohstoffpolitik

Frauke Banse: für die Europäische Union, weil es eben diese starke Industrie noch hat,

Frauke Banse: die entsprechende Rohstoffe auch braucht.

Frauke Banse: Was wir sehen ist, dass, und da sind wir in so einer Wagensituation in dem Moment,

Frauke Banse: wo wir hier sprechen, dass sich die Regierung merkt, Jedenfalls nicht,

Frauke Banse: dass ich das gesehen hätte, nochmal spezifischer zu Afrika geäußert hat.

Frauke Banse: Das war eben ganz anders unter der Regierung Scholz, insbesondere mit Habeck,

Frauke Banse: aber auch mit Baerbock etc.

Frauke Banse: Und auch mit Scholz selber und auch mit Pistorius. Also da waren zentrale Minister

Frauke Banse: federführend da drin und dann unter Merkel dann eben auch als Kanzlerin,

Frauke Banse: die deutsche Afrikapolitik zu kommunizieren und natürlich auch voranzutreiben.

Frauke Banse: Das sehen wir im Moment nicht.

Frauke Banse: Das heißt aber nicht, dass es vorbei ist, weil die Motivation,

Frauke Banse: die treibenden Kräfte sind jetzt ja nicht anders geworden.

Frauke Banse: Es hat sich ja sogar noch zugespitzt. Wir sehen aber, dass sich die Lücken dann

Frauke Banse: auch schnell schließen.

Frauke Banse: Also zum Beispiel dieser Kooperationsvertrag zwischen den USA und der Demokratischen

Frauke Banse: Republik Kongo, das ist jetzt erstmal geschlossen, das Fenster.

Frauke Banse: Also da kann sein, dass Deutschland als einzelnes Land jetzt hier auch an Einfluss

Frauke Banse: wieder verliert, was es versucht hat vorher aufzubauen.

Frauke Banse: Das ist aber noch ein bisschen ungelegt, das ist noch schwer zu erkennen.

Frauke Banse: Aber wie gesagt, wir müssen uns auch immer die EU als Ganzes angucken und hier

Frauke Banse: eben auch ganz führend eben Frankreich und Deutschland.

Frauke Banse: So, was sich verändern wird, vielleicht, ist, dass, je nachdem,

Frauke Banse: wie man die Situation Frankreichs in Afrika beurteilt,

Frauke Banse: Vielleicht Deutschland dann nochmal eine eigene Führungsansprüche formulieren

Frauke Banse: wird, aber im Moment sieht man das nicht.

Frauke Banse: Also ich habe mir nochmal angeguckt, wer jetzt wie, in welchen Ministerriegen sitzt.

Frauke Banse: Wenn die Ministerien dann präsent ist, im BMZ hat sich das nicht so viel verändert.

Frauke Banse: Wahrscheinlich im Verteidigungsministerium auch nicht.

Frauke Banse: Aber in der Außenpolitik und so weiter sind jetzt andere Figuren.

Frauke Banse: Keine Ahnung, was das für eine Auswirkung dann hat.

Felix Jaitner: Du hast ja jetzt bereits mehrmals angesprochen, dass im Vergleich zu den vorherigen

Felix Jaitner: Regierungen Merkel und Scholz die aktuelle Regierung Merz,

Felix Jaitner: zumindest weniger offensichtliches Interesse einer verstärkten Afrika-Politik zeigt.

Felix Jaitner: Und ich frage mich, ob das nicht auch damit zusammenhängt,

Felix Jaitner: dass wir eine Rückkehr zur deutsch-russischen Konkurrenz beobachten und der

Felix Jaitner: Fokus der deutschen Politik ja noch ganz stark auf die eigene Interessenssphäre

Felix Jaitner: Osteuropa und den post-sowjetischen Raum gerichtet ist.

Felix Jaitner: Und damit einher geht ja auch eine starke Militarisierung der deutschen Außenpolitik.

Felix Jaitner: Also der Anspruch, die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Streitmacht

Felix Jaitner: Europas auszubauen, die dauerhafte Stationierung von Soldaten in Litauen oder

Felix Jaitner: auch die militärische Unterstützung der Ukraine,

Felix Jaitner: führt das dazu, dass vielleicht auch der Fokus auf Afrika in der außenpolitischen

Felix Jaitner: Konzeption Berlins an Bedeutung verliert?

Frauke Banse: Naja, es ist insofern nicht so schlüssig, das Argument, als dass wir als Reaktion

Frauke Banse: auf den Angriff der Russlands auf die Ukraine ja eine Hinwendung zu Afrika gesehen haben.

Frauke Banse: Und zwar massiv. Diese Abhängigkeit, also die Abhängigkeit vom russischen Gas

Frauke Banse: und die Abhängigkeit vom chinesischen Markt und so weiter. Wir müssen es hier

Frauke Banse: diversifizieren und so weiter.

Frauke Banse: Das war schon alles vorher klar, aber es gab sozusagen nochmal einen Booster da drin.

Frauke Banse: Was sich geändert hat, ist die Regierung. Klar, da gibt es dann das 5-Prozent-Ziel

Frauke Banse: von Trump und so weiter, Aber das ist, in Deutschland haben Wahlen stattgefunden,

Frauke Banse: es gab eine Regierungskrise und seitdem sehen wir hier so ein verändertes Interesse.

Frauke Banse: Es hat also vermutlich eher innenpolitische als interessenspolitische Gründe.

Frauke Banse: Vermutlich, ja, weil auch wenn wir uns das in der globalen Situation angucken,

Frauke Banse: kann es ja von großem Interesse auch für Europa bzw.

Frauke Banse: Deutschland sein, bestimmte afrikanische Staaten zum Beispiel in der UN hinter

Frauke Banse: sich zu haben, also da Bündnisse zu schmieden und so weiter.

Frauke Banse: Das kann eine eigene Position noch stärken.

Frauke Banse: Also interessenspolitisch finde ich das nicht so schlüssig. Du merkst,

Frauke Banse: ich kann mir das außer in der innenpolitischen Krise oder der innenpolitischen

Frauke Banse: Neujustierung, wer ist jetzt Staatssekretär etc., das hat sich,

Frauke Banse: glaube ich, erst im Juli gefunden jetzt. Oder war es im Juni?

Frauke Banse: Also es ist relativ jung.

Frauke Banse: Dann gab es die Sommerpause und so weiter. Ich weiß es nicht genau.

Frauke Banse: Also mal abwarten. Es ist vielleicht noch zu früh, um das zu sagen.

Frauke Banse: Wir sehen aber erst mal eine Pause.

Frauke Banse: Jedenfalls außen. Ich weiß nicht, wie es innen aussieht, aber nach außen sieht

Frauke Banse: es nach einer Pausentaste aus.

Frauke Banse: Allerdings sind die globalen Dynamiken so schnell,

Frauke Banse: dass das eben auch zu einem Rückgang des bereits ausgebauten,

Frauke Banse: also sich in so einer stark multilateral ausgerichteten, also der Compact with

Frauke Banse: Africa ist ja auch eine G20-Initiative, ist ja nicht eine deutsche Initiative,

Frauke Banse: sondern eine G20-Initiative.

Frauke Banse: Es hat sich nicht vielleicht stabilisiert, wir wissen es nicht genau,

Frauke Banse: aber es kann sein, dass bereits ausgebautes Terrain von anderen übernommen wurde

Frauke Banse: ich hatte eben schon mal ein Beispiel mit den USA genau

Felix Jaitner: Wir haben ja jetzt viel über die deutsche Afrikapolitik gesprochen,

Felix Jaitner: die ja stark geprägt ist aus der Perspektive der Eliten und auch aus den Bedürfnissen

Felix Jaitner: von Kapitalinteressen.

Felix Jaitner: Was wären denn Ansätze für eine linke deutsche Afrikapolitik oder gerne auch

Felix Jaitner: im Verbund mit der Europäischen Union?

Frauke Banse: Das ist eine wichtige Frage, also die zentrale Frage, weil man macht ja Analyse

Frauke Banse: nicht nur einfach, um das Gehirn in Gang zu halten, sondern um da auch Handlung ableiten zu können.

Frauke Banse: Ich glaube aber, dass die Analyse zentral ist, um zu Handlungen zu kommen.

Frauke Banse: Und was wir generell und spezifisch in Bezug auf Afrika sehen müssen,

Frauke Banse: also gerade auch in der Analyse afrikanischer Beziehungen spielt auch immer

Frauke Banse: eine gehörige Portion Rassismus, glaube ich, mit rein.

Frauke Banse: Das heißt in diesem Fall auch eine Vereinheitlichung von Gesellschaftsstrukturen

Frauke Banse: oder eine Romantisierung von Gesellschaftsstrukturen.

Frauke Banse: Und ich glaube aber, dass wir eine Klassenanalyse brauchen, um unser Verhältnis

Frauke Banse: dazu auszurichten und eben Imperialismus als zwischenstaatliche Konkurrenz auch

Frauke Banse: wirklich ernst zu nehmen.

Frauke Banse: Ich fange mit dem Letzteren an. Das heißt, in der Konsequenz,

Frauke Banse: die Dynamik zu erkennen und die ist gefährlich.

Frauke Banse: Also die Multipolarität löst zwar die westliche Vorherrschaft ab,

Frauke Banse: das stimmt, und das ist aus einer postkolonialen Sicht auch gut,

Frauke Banse: Gleichzeitig verschärft es aber Konflikte und macht es instabil und die daraus

Frauke Banse: resultierenden Herrschaftssysteme sind nicht notwendig und leider in den meisten

Frauke Banse: Fällen auch gar nicht emanzipatorisch.

Frauke Banse: Und dann eben auch anzuerkennen, anfangs haben wir über China gesprochen,

Frauke Banse: habe ich gesagt, China gilt als Buh-Nation, um von der eigenen Verantwortung

Frauke Banse: abzulenken, was stimmt.

Frauke Banse: Also es ist eine völlige Übertreibung meiner Meinung nach, was die sozusagen

Frauke Banse: chinesische Verantwortung für die afrikanische Schuldenkrise angeht.

Frauke Banse: Das gesagt, heißt es aber auch, auch China ist ein imperialistisches Land,

Frauke Banse: was seine Interessen daraus zieht.

Frauke Banse: Und daraus Schlussfolgernd dann, und da komme ich dann zum Zweiten,

Frauke Banse: geht es darum, Klassenanalysen zu betreiben, ja, also auch für afrikanische Länder.

Frauke Banse: Wir müssen sowohl in unseren eigenen Ländern wie auch in afrikanischen Ländern

Frauke Banse: die heimischen Situationen, die Klassenspannungen, Klassenkämpfe wahrnehmen,

Frauke Banse: analysieren und entsprechende Schlüsse daraus ziehen.

Frauke Banse: Und das heißt zum Beispiel zu sehen, dass es in vielen afrikanischen Ländern,

Frauke Banse: also einerseits hatten wir schon über diese Kooperationen gesprochen,

Frauke Banse: wir hatten über den Sudan gesprochen,

Frauke Banse: wir hatten über Burkina, Niger, auch Niger gibt es eine starke autoritäre Schließung,

Frauke Banse: Repression von Zivilgesellschaft etc.

Frauke Banse: Das zur Kenntnis zu nehmen, also wer hier eigentlich mit wem kooperiert und

Frauke Banse: welche Menschenrechtsverletzungen hier dann entsprechend auch passieren.

Frauke Banse: Und zur Kenntnis zu nehmen, spätestens da beginnt dann der Internationalismus,

Frauke Banse: zur Kenntnis zu nehmen, dass es auch in afrikanischen Ländern eine immense Ungleichheit gibt.

Frauke Banse: Es herrschende Klassen gibt, die ihr Interesse verfolgen.

Frauke Banse: Ghana zum Beispiel eine sehr starke Verschuldung in Staatsanleihen,

Frauke Banse: was einerseits von Weltbank und IWF stark gefördert wurde und auch von der KfW

Frauke Banse: etc., was aber auch im speziellen Segment der herrschenden Klasse von großem Interesse war.

Frauke Banse: Und es gibt verschiedene Ansatzpunkte für den Internationalismus,

Frauke Banse: bei Schulden zum Beispiel.

Frauke Banse: Ungleichheit, globale Ungleichheit, die sehen wir in Europa, die sehen wir in Afrika.

Frauke Banse: Überall werden Anlageklassen gesucht, um privates Kapital gewinnbringend anlegen

Frauke Banse: zu können. Das ist in Afrika der Fall, das ist in Deutschland der Fall.

Frauke Banse: Wir haben Austerität hier wie dort.

Frauke Banse: Und da die gemeinsame Struktur im globalen Kapitalismus auszumachen und gemeinsame

Frauke Banse: Kämpfe daran zu entwickeln und eine gemeinsame Sprache daran zu entwickeln,

Frauke Banse: damit überkommen wir meiner Meinung nach aus einem paternalistischen Verhältnis

Frauke Banse: gerade afrikanischen Genossinnen und Genossen gegenüber, beziehungsweise Gesellschaften gegenüber.

Frauke Banse: Und hier dann eben auch Herrschaftssysteme ansprechen zu können,

Frauke Banse: stark ausgeprägten Konservatismus ansprechen zu können etc.

Frauke Banse: Und da eben zu gucken, wer sind unsere Genossinnen sozusagen.

Frauke Banse: Wo können wir Solidaritätspotenziale stärken etc.

Frauke Banse: Also von der differenzierten Analyse der imperialistischen Situation und der

Frauke Banse: Dynamik, der differenzierten Analyse der Herrschaftssysteme in den jeweiligen

Frauke Banse: Ländern und eben zu gucken, wo wir Gemeinsamkeiten entwickeln können.

Frauke Banse: Und ich glaube, das ist unter anderem die Frage der Verschuldung und der globalen Ungleichheit.

Frauke Banse: Also je nachdem, im Land und global.

Frauke Banse: Aber es ist auch sowas wie Militarisierung. Ich habe es eben schon angesprochen.

Frauke Banse: Der Saal als Manövergebiet, allgemeine Aufrüstungsfragen etc.

Frauke Banse: Das sind jetzt so zwei Beispiele, wo, glaube ich, ein Internationalismus und

Frauke Banse: eben auch auf Afrika bezogen anknüpfen kann.

Frauke Banse: Das heißt zum Beispiel jetzt, also wir haben ja die Gen Z, die Aufstände,

Frauke Banse: Demonstrationen in Kenia.

Frauke Banse: Das sind Aufstände gegen Verschuldung, gegen Erhöhung von Verbrauchssteuern

Frauke Banse: etc., die auch hier stattfinden könnten, wenn man so möchte.

Frauke Banse: Also die schlagen da nicht ganz so stark durch, weil die Höhe des Einkommens

Frauke Banse: auf Lebensmittel etc., also der Anteil sehr viel höher ist und sehr viel stärker dann durchschlägt.

Frauke Banse: Nichtsdestotrotz sind das Anti-Ausseoritätskämpfe, die wir auch hier führen.

Frauke Banse: Anders gelagert, aber in der strukturellen Positionierung ähnlich.

Felix Jaitner: Frauke, ich fand, das waren nochmal sehr wichtige Ideen zu der Frage,

Felix Jaitner: wie kann Internationalismus heute eigentlich aussehen,

Felix Jaitner: gerade auch vor dem Hintergrund der sehr ungleichen Beziehungen zwischen dem

Felix Jaitner: Zentrum EU und der Peripherie, der ökonomischen Peripherie Afrika und der Frage,

Felix Jaitner: wie es trotzdem hier gemeinsame Interessen und auch Ziele gibt,

Felix Jaitner: die eine gesellschaftliche Linke auch global bearbeiten kann.

Felix Jaitner: Ich finde auch sehr wichtig, deine Ausführungen zur verschärften geopolitischen

Felix Jaitner: imperialen Konkurrenz um Afrika und hier speziell auch noch mal die deutsche Afrikapolitik.

Felix Jaitner: Ich bedanke mich sehr herzlich bei dir für das Gespräch.

Frauke Banse: Dankeschön, Felix, für die Einladung.

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